Bericht für das 3. Quartal 2022

Auch im dritten Quartal standen die Börsen weiterhin unter dem Eindruck hoher Inflation, des Anstiegs der Zinsen und der sich gleichzeitig verschärfenden Rezessionssorgen

Zinsen, Renten, Währungen und Rohstoffe

Zu den Ängsten um die anhaltend hohe Inflation ge­sellten sich zunehmende Konjunktursorgen. Sowohl in den USA als auch in Europa verschlechterte sich die Stimmung bei Unternehmen und Privathaushalten. Die Einkaufsmanager-Indizes signalisieren einen Ab­schwung. Die Gemengelage aus hohen Inflationsraten, nicht funktionierenden Lieferketten, dem Krieg in der Ukraine und dem Stopp russischer Gaslieferungen an immer mehr europäische Ländern belasten Privathaus­halte und Unternehmen. Zudem zeigte sich, dass Chi­na mit seiner Null-Covid-Politik keinen umfassenden Erfolg hat.

Die für den Juni ermittelte US-Inflation kletterte mit 9,1 Prozent auf den höchsten Stand seit November 1981. Erstmals seit Jahrzehnten stehen die Notenbanken vor der undankbaren Aufgabe, die Konjunktur in einem Ab­schwung mit Zinserhöhungen belasten zu müssen, um den starken Anstieg des Preisniveaus zu bremsen.

Mitte Juni hatte die US-Notenbank ihren wichtigsten Leitzins, die sogenannte Fed Funds Rate, ein zweites Mal in diesem Jahr erhöht. Mit einem ungewöhnlich hohen Zinsschritt von 0,75 Prozentpunkten hatte sie ihre Entschlossenheit demonstriert. Dies dürfte dazu beigetragen haben, dass im Juli auch die Europäische Zentralbank (EZB) eine Leitzinserhöhung erklärte, die über den Erwartungen lag. Obwohl sie selbst im Juni nur einen Zinsschritt von 0,25 Prozentpunkten ange­kündigt hatte, wurden die EZB-Leitzinsen im Juli um 0,50 Prozentpunkte angehoben.

Daraufhin fiel die Rendite zehnjähriger Bundesanlei­hen erstmals seit Ende Mai unter die Ein-Prozent-Mar­ke. Dieser Zins hatte Mitte Juni kurzzeitig sogar 1,8 Prozent überschritten. Bis Anfang August sank die Zehn-Jahres-Rendite auf nur 0,72 Prozent. Die Rendi­te zehnjähriger US-Staatsanleihen, die Mitte Juni noch ein Zehn-Jahres-Hoch bei 3,48 Prozent erreicht hatte, kam bis Anfang August auf 2,53 Prozent zurück. Hoff­nungen, die Phase rasch aufeinanderfolgender hoher Zinsanhebungen sei vorbei, bewahrheiteten sich nicht. Die Börsen fieberten der Notenbankkonferenz von Jackson Hole entgegen. Die dortigen Äußerungen von Fed-Präsident Jerome Powell wurden als Fortsetzung einer straffen Geldpolitik verstanden und belasteten die Börsen. „Die Wiederherstellung der Preisstabilität wird wahrscheinlich die Fortsetzung einer restriktiven Geldpolitik für einige Zeit notwendig machen“, sagte der Fed-Chef im Rahmen der Notenbankkonferenz. Zudem spreche die historische Erfahrung dagegen, die Geldpolitik zu früh zu lockern. Dass sowohl die Euro­päische Zentralbank (EZB) als auch die US-Notenbank Federal Reserve ihre Leitzinsen im September um je­weils 75 Basispunkte anhoben, schockierte die Börsen nicht mehr. Mit großer Enttäuschung wurde dagegen der nur leichte Rückgang der Inflation in den USA auf­genommen. Für den Monat August lag die Teuerungs­rate bei 8,3 Prozent – nach 8,5 Prozent im Vormonat. Mehrheitlich erwartet worden war ein Rückgang auf 8,1 Prozent.

An den Rentenmärkten setzten sich nach der kleinen Erholung bis Anfang August die Kursverluste fort. Die Verzinsung für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit erreichte in der letzten Septemberwoche mit 3,99 Prozent den höchsten Wert seit 2010 und been­dete das dritte Quartal mit einem Anstieg um 0,80 Pro­zentpunkte bei 3,83 Prozent. Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen stieg im dritten Quartal ähnlich, und zwar um 0,76 Prozentpunkte von 1,35 auf 2,11 Prozent. In der Spitze erreichte die Rendite mit 2,27 Prozent den höchsten Stand seit vielen Jahren. Der Bund-Future, der die Kursentwicklung von Bun­desanleihen an der Terminbörse wiedergibt, verzeich­nete im dritten Quartal mit einem Minus von 7,1 Pro­zent auf 138,3 Punkte einen noch höheren Kursverlust als im Vorquartal.

An den Devisenmärkten beschleunigte sich der Auf­wärtstrend des US-Dollar nochmals. Haupttreiber ist der Zinsanstieg in den USA. Zudem belasteten der russische Angriffskrieg in Europa und seine Folgen die europäischen Währungen und begünstigten eine Art Flucht in den Dollar. Die europäische Gemeinschafts­währung fiel auf den tiefsten Stand seit 20 Jahren. Von Juli bis Mitte September hatte sich die Marke von eins zu eins zwischen US-Dollar und Euro, die sogenannte Parität, als Unterstützungszone gezeigt, aber ange­sichts der Entwicklungen im September fiel der Euro im Tief auf rund 95 amerikanische Cent. Bis Ende Sep­tember erholte er sich auf 0,98 USD/EUR, was für das dritte Quartal immer noch einen Rückgang des Euro gegen US-Dollar von 6,5 Prozent bedeutet.

Dass es sich dabei eher um eine Dollar-Stärke als eine Euro-Schwäche handelt, zeigt der Blick auf die großen asiatischen Währungen: Der japanische Yen verlor im dritten Quartal gegen Dollar 6,6 Prozent (auf 144,7 Yen pro US-Dollar) und der chinesische Renminbi 6,3 Pro­zent (auf 7,12 Yuan pro US-Dollar). Das britische Pfund litt unter den Plänen der neuen Regierung unter Premierministerin Liz Truss, die zu einem starken An­stieg der Staatsschulden führen würden. Gegen US-Dollar verlor das britische Pfund 8,6 Prozent, gegen den Euro 2,0 Prozent auf 0,878 GBP/EUR. Die türki­sche Währung wird weiterhin dadurch belastet, dass die Notenbank trotz galoppierender Inflation die Leit­zinsen senkte. Die türkische Lira ging auf dem ermä­ßigten Niveau in eine Seitwärtsbewegung (zwischen 17,2 und 18,6 TRY/EUR) über.

Stabilisierung bei Kryptowährungen nach Kursverlus­ten: Durch die hohen Kursverluste im vorausgegange­nen Quartal waren einige Unternehmen der Krypto-Branche in Schwierigkeiten geraten. Anfang Juli muss­te der Krypto-Hedgefonds Three Arrows Capital Insol­venz anmelden. Der Fonds verwaltete zwischenzeitlich ein Vermögen von rund 10 Milliarden US-Dollar und war damit der bislang größte Krypto-Hedgefonds in der noch jungen Geschichte der Asset-Klasse. Schließlich stabilisierten sich die Kryptowährungen im Laufe des Quartals. Auslöser der Kurserholung war ein im Juli veröffentlichter Zeitplan der Ethereum-Blockchain-Ent­wickler, wonach die Umstellung (Merge) vom Proof-of-Work- auf das Proof-of-Stake-Verfahren den Datenver­kehr bald schneller und ressourcenschonender organi­sieren soll.

Die mehrfach verschobene Umstellung wurde Mitte September tatsächlich ohne größere technische Pro­bleme vollzogen, sie führte aber zu Kursverlusten, weil offenbar Positionen aufgelöst wurden, die auf den Mer­ge hin gekauft worden waren. Ein Positiv-Ausreißer unter den größeren Kryptowährungen war XRP mit ei­nem Sprung von rund 30 Prozent, weil sich Vertreter des XRP-Entwicklers Ripple Labs zuversichtlich zum Ausgang des seit Ende 2020 schwelenden Rechts­streits mit der US-Börsenaufsicht SEC äußerten. Die SEC möchte XRP als Wertpapier einstufen. Beide Sei­ten haben ein Urteil im Schnellverfahren beantragt. Der Bitcoin beendete das Quartal schließlich bei gut 19.400 US-Dollar, knapp drei Prozent mehr als Mitte des Jahres.

An den Rohstoffmärkten überwogen angesichts zuneh­mender Sorgen um die Weltkonjunktur Preisrückgän­ge. Die bevorstehende Rezession wird die Nachfrage auf den Weltmärkten sinken lassen. Der Bloomberg Commodity Index sank um 4,8 Prozent. Vor allem der Ölpreis, der im ersten Quartal um mehr als 40 Prozent nach oben geschossen war und sich dann auf hohem Niveau gehalten hatte, sank im dritten Quartal, letzt­endlich um 22 bzw. 24 Prozent auf 85 US-Dollar für ein Barrel der europäischen Ölsorte Brent bzw. 79 US-Dol­lar für ein Barrel der US-Ölsorte WTI. Der Kupferpreis, der schon im Vorquartal um gut 20 Prozent gefallen war, gab weitere 9 Prozent nach.

Die Edelmetallpreise konnten weiterhin nicht von den Krisen und Sorgen profitieren, sondern litten unter dem Zinsanstieg, weil zinslose Edelmetalle einen Verzicht auf alternativ mögliche Zinseinnahmen bedeuten. Der Goldpreis verringerte sich im dritten Quartal um 8,1 Prozent auf 1.660,50 US-Dollar pro Unze. In Euro fällt der Rückgang aufgrund des Dollar-Anstiegs weiterhin geringer aus: minus 1,7 Prozent auf 1.694,25 Euro. Der Silberpreis sank um 5,9 Prozent auf 19,03 US-Dol­lar pro Unze. Aufgrund des im gleichen Zeitraum um 6,5 Prozent gestiegenen US-Dollar-Wechselkurses wurde Silber in Euro gerechnet teurer.

Aktienmärkte

Schon im Laufe des Julis drückten die Inflations-, Zins- und Konjunktursorgen viele Aktienindizes auf oder in die Nähe ihrer Jahrestiefs. Überdurchschnittliche Kurs­schwankungen waren bei Technologie-Aktien zu beob­achten. Sie leiden besonders unter dem Zinsanstieg. Schwache Quartalsergebnisse großer US-Banken be­lasteten zeitweilig Finanzwerte, obwohl diese auch in Europa zu den wenigen Profiteuren wieder höherer Zinsen gehören dürften. Zwischenzeitlich drückten auch die Spannungen zwischen China und den USA um Taiwan auf die Stimmung an den Aktienmärkten.

Überraschend gute US-Konjunkturdaten und die über­wiegend noch guten Unternehmensergebnisse sorgten für positive Impulse. Positiv nahmen die Marktteilneh­mer die Inflationszahlen für den Juli auf: Die US-Inflati­on wurde mit 8,5 Prozent nach 9,1 Prozent im Vormo­nat bekanntgegeben. Dies bestärkte die Hoffnungen, die US-Notenbank könne ihre Zinserhöhungspolitik bald lockern. Äußerungen des Präsidenten des US-Notenbank wurden als Hinweis auf eine Verlangsa­mung der geldpolitischen Straffung verstanden. Und weil die Geschäftsergebnisse und Ausblicke der meis­ten Unternehmen sehr gut ausfielen, darunter bei den Indexschwergewichten Apple und Amazon, setzten die meisten Aktienmärkte zu einer Sommerrallye an, also einer Erholungsphase mit schnell steigenden Aktien­kursen. Der Dow Jones Industrial Average erholte sich vom Zwischentief am 15. Juni in den zwei Monaten bis zum 15. August um 15,6 Prozent. Der stärker von gro­ßen Technologie-Aktien geprägte Nasdaq-100-Index stieg im gleichen Zeitraum um 24,3 Prozent. Weil hier die Kursverluste zuvor deutlich höher ausgefallen wa­ren, reichte das nicht, um den eigenen 200-Tage-Durchschnitt zu erreichen. Im weiteren Verlauf signali­sierte die US-Notenbank, ihre restriktive Geldpolitik zur Inflationsbekämpfung ungeachtet der schädlichen Aus­wirkungen auf die Konjunktur fortzusetzen. Dies ver­stärkte die Rezessionssorgen. Daraufhin fielen die meisten Aktienindizes auf neue Jahrestiefs.

An den europäischen Aktienmärkten hatte die Som­merrallye erst im Juli begonnen. Der Euro-STOXX-50-Index erholte sich bis Mitte August um fast 14 Prozent, der DAX immerhin um gut 12 Prozent. Die Rallye blieb jedoch eine untergeordnete Gegenbewegung. Schon Mitte August verschlechterte sich die Stimmung. Die Sorgen, die hohe Inflation könne die Europäische Zen­tralbank zu weiteren Zinserhöhungen bewegen, kehr­ten zurück. Zudem nahmen die konjunkturellen Risiken zu, weil Russland seine Gaslieferungen reduzierte und die Preise für Energie stark stiegen.

Die für den gesamten US-Aktienmarkt repräsentative­ren Indizes Dow Jones Industrial Average und S&P-500 verloren im dritten Quartal letztendlich 6,7 bzw. 5,3 Prozent. Die von großen US-Technologiekonzernen geprägten Leitindizes der Nasdaq, der Nasdaq Com­posite und der Nasdaq-100-Index, beendeten das drit­te Quartal mit einem Verlust von 4,1 bzw. 4,6 Prozent. Der Rückzug der Investoren galt im dritten Quartal vor allem den großen, hochkapitalisierten Konzern-Aktien. Der Russell-2000-Index für kleinere US-Aktien verlor im dritten Quartal nur 2,5 Prozent. Bei den 2021 in Un­gnade gefallenen Biotech-Aktien war weiterhin relative Stärke zu beobachten. Der Nasdaq Biotech-Index ver­zeichnete im dritten Quartal gegen den Trend ein klei­nes Plus von 0,5 Prozent.

Die europäischen Aktienmärkte litten im dritten Quartal stärker unter der krisenhaften Entwicklung, insbeson­dere unter der Nähe zu Russland, das seine Gasex­porte weiter reduzierte. Der STOXX-50-Index verlor 3,4 Prozent, der britische Leitindex FTSE-100 3,8 Pro­zent. Der Leitindex für die Euro-Zone, der Euro-STOXX-50, gab etwas mehr nach, und zwar um 4,0 Prozent auf 3.318,2 Zähler. Noch etwas schlechter schnitt der

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Bericht für das 2. Quartal 2022

Eine hohe Inflation und die darauffolgenden Zinser­höhungen hielten die Börsen fest im Griff. Hohe Kursverluste gab es sowohl an den Anleihe- als auch an den Aktienmärkten.

Zinsen, Renten, Währungen und Rohstoffe

Größter Belastungsfaktor für die Börsen blieb im zweiten Quartal die hohe Inflation. Die Inflationsrate in den USA erreichte mit 8,6 Prozent den höchsten Stand seit 1981. Auch die sogenannte Kernrate ohne Energie- und Nahrungsmittelpreise stieg im ersten Halbjahr über sechs Prozent und damit deut­lich über die Zielgröße der US-Notenbank von zwei Prozent. Gleichzeitig fiel die Arbeitslosenquote in den USA unter vier Prozent – ein Niveau, das Volks­wirte als Vollbeschäftigung werten. Diese Gemenge­lage zwang die US-Notenbank Federal Reserve zum Handeln. Auf die erste Erhöhung des Leitzinses am 16. Februar um einen Viertelprozentpunkt folgte am 15. Juni der zweite Zinsschritt. Die Fed erhöhte ihren wichtigsten Leitzins, die sogenannte Fed Funds Rate, um 0,75 Prozentpunkte auf 1,50 bis 1,75 Prozent. Die Tagesgeldsätze für US-Dollar-Guthaben folgen erfahrungsgemäß diesem Leitzins sofort. Sie sprangen von 0,9 Prozent am 15. Juni auf 1,67 Prozent am 17. Juni. Noch zum Jahresbe­ginn gab es praktisch keine Zinsen auf täglich ver­fügbares US-Dollar-Guthaben.

Nach der US-Notenbank kündigte auch die Europäi­sche Zentralbank (EZB) das Ende ihrer Netto-Anlei­hekäufe und Zinserhöhungen an. Bei der nächsten regulären Sitzung des EZB-Rates im Juli will die EZB ihre Leitzinsen erstmals seit elf Jahren wieder erhöhen, zunächst um jeweils 0,25 Prozentpunkte. Im September dürften Europas Währungshüter dann eine weitere Zinserhöhung vornehmen – bei anhaltend hoher Inflation sogar stärker als im Juli. Die Ankündigung wurde von den Märkten als über­fällig bewertet. Andere Notenbanken haben im Kampf gegen die Inflation ihre Leitzinsen bereits er­höht, darunter überraschend auch die Schweizeri­sche Nationalbank (SNB).

An den Rentenmärkten setzten sich die hohen Kurs­verluste aus dem ersten Quartal fort, sodass das erste Halbjahr gemessen an der nominalen Summe der Kursverluste den größten Anleihe-Crash der Ge­schichte brachte. Die Aussicht auf weitere Leitzins­erhöhungen ließ die Renditen an den Anleihemärk­ten weiter steigen. Die Verzinsung für US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stieg im zweiten Quartal um 0,69 Prozentpunkte auf 3,03 Prozent. In der Spitze wurden 3,48 Prozent erreicht, mehr als am Hochpunkt des vorausgegangenen Zinszyklus 2018 mit 3,25 Prozent und damit der höchste US-Zins seit 2011.

Die Rendite zehnjähriger deutscher Bundesanleihen stieg im zweiten Quartal ähnlich, aber von niedrige­rem Niveau kommend, um 0,71 Prozentpunkte auf 1,35 Prozent – mehr als eine Verdoppelung der Zin­sen binnen drei Monaten. In der Spitze erreichte die Rendite mit 1,926 Prozent den höchsten Stand seit acht Jahren. Der Bund-Future, der die Kursentwick­lung von Bundesanleihen an der Terminbörse wie­dergibt, verzeichnete im zweiten Quartal wieder ei­nen entsprechend hohen Kursverlust: 6,2 Prozent.

An den Devisenmärkten setzte der US-Dollar wegen seines wachsenden Zinsvorteils seinen Aufwärts­trend beschleunigt fort. Die US-Währung legte im zweiten Quartal gegenüber dem Euro 5,2 Prozent auf 1,05 US-Dollar zu. Gegenüber dem japanischen Yen stieg der US-Dollar sogar um 10,9 Prozent auf 135,8 Yen. Weil die Bank of Japan ihre Niedrigzins­politik fortsetzt, entsteht für die japanische Währung ein hoher Zinsnachteil. Kurz vor der Jahresmitte er­reichte der US-Dollar mit 137 Yen den höchsten Stand seit 1998.

Auch die chinesische Währung litt unter den stei­genden US-Zinsen und den wirtschaftlichen Proble­men Chinas, insbesondere den Corona-Lockdowns. Der US-Dollar stieg im zweiten Quartal um 5,5 Pro­zent auf 6,70 Yuan. Die Schwäche der türkischen Lira setzte sich nach einer Konsolidierung im April vor allem im Mai fort. Der russische Rubel erholte sich im Außenwert bis auf das Niveau von 2014, dem Jahr, in dem die russische Besetzung der uk­rainischen Krim erfolgt war. Die russische Zentral­bank hatte ihren Leitzins nach dem Angriff auf die Ukraine zunächst von 9,5 Prozent auf 20,0 Prozent erhöht, dann schrittweise aber wieder auf 9,5 Pro­zent gesenkt. Der Binnenwert des Rubel, also die Kaufkraft, sinkt allerdings. Die Inflation in Russland dürfte in diesem Jahr zwischen 15 und 20 Prozent liegen.

Die großen Kryptowährungen wurden weiterhin vom starken Inflations- und Zinsanstieg in den USA be­lastet. Technologie-affine Investoren standen auch wegen der hohen Kursverluste bei Tech-Aktien unter Druck. Im Mai versagte zudem der Mechanis­mus, der die Kryptowährung TerraUSD, kurz UST, zu einem sogenannten Stable Coin machen sollte, einer Digitalwährung mit festem Wechselkurs (1:1) zum US-Dollar. Der UST-Absturz um mehr als 60 Prozent unter 40 Cent verstärkte den Verkaufsdruck bei nahezu allen größeren Kryptowährungen – ins­besondere bei dem zu Terra gehörigen Token Luna, der 99 Prozent seines Wertes verlor. Sogar der mit rund 66 Milliarden US-Dollar Marktwert größte Sta­ble Coin Tether konnte seine Koppelung an den US-Dollar nicht durchgehend halten und sackte kurzzei­tig auf 95 Cent ab. Danach blieb er knapp unter ei­nem US-Dollar.

Der Abwärtstrend der Digitalwährungen verstärkte sich durch erhöhte Verkäufe der sogenannten Mi­ning-Unternehmen, die mit großem Rechner-Auf­wand neue Einheiten der Kryptowährungen „schür­fen“. Angesichts stark steigender Energiekosten müssen sie Krypto-Guthaben verkaufen, um die lau­fenden Kosten zu decken. Zuvor hielten viele Mi­ning-Unternehmen in Erwartung von Wertsteigerun­gen an ihren Beständen fest. Im Juni stellte dann der Kryptokreditplatz Celsius Network wegen der Marktverwerfungen alle Transaktionen zumindest vorübergehend ein. Die Marktkapitalisierung aller fast 20.000 Kryptowährungen fiel gegenüber dem Hoch im vergangenen November von fast drei Billio­nen US-Dollar auf rund 860 Milliarden US-Dollar. Davon entfallen zur Jahresmitte 42 Prozent allein auf die älteste Kryptowährung, den Bitcoin. Dessen Wechselkurs verlor im zweiten Quartal 58,7 Prozent auf 18.880 US-Dollar.

Nachdem es an den Rohstoffmärkten unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine zu starken Preisanstiegen gekommen war, setzte sich im zweiten Quartal eine leichte Gegenbewegung durch. Grund sind zunehmende Sorgen um die Weltkonjunktur. Eine Rezession würde die Nachfra­ge auf den Weltmärkten sinken lassen. Der Bloom­berg Commodity Index sank um 5,9 Prozent. Der Ölpreis, der im ersten Quartal um mehr als 40 Pro­zent nach oben geschossen war, gab um rund zwei Prozent auf 109,20 US-Dollar für ein Barrel der eu­ropäischen Ölsorte Brent bzw. 103,50 US-Dollar für ein Barrel der US-Ölsorte WTI nach. Die Weltmarkt­preise für Industriemetalle sanken stärker, Kupfer beispiels-weise um gut 20 Prozent.

Die Edelmetallpreise konnten nicht von den Krisen und Sorgen profitieren, sondern litten unter dem Zinsanstieg, weil zinslose Edelmetalle einen Ver­zicht auf alternativ mögliche Zinseinnahmen bedeu­ten. Der Goldpreis war in Reaktion auf den russi­schen Angriffskrieg im März auf zeitweilig mehr als 2.000 US-Dollar pro Unze gestiegen. Dieses Niveau konnte die Krisenwährung im zweiten Quartal nicht halten. Im Mai kehrte der Goldpreis wieder auf gut 1.800 US-Dollar zurück und stand Mitte des Jahres 6,7 Prozent niedriger als drei Monate zuvor bei 1.807,50 US-Dollar pro Unze. In Euro fällt der Rück­gang aufgrund des US-Dollar-Anstiegs geringer aus: minus 1,5 Prozent auf 1.723,50 Euro. Das industriell wichtigere Silber verlor sogar 18,5 Prozent auf 20,22 US-Dollar pro Unze.

Aktienmärkte

Die Zinswende blieb auch für die Aktienmärkte der Hauptbelastungsfaktor. Insbesondere Technologie-Aktien litten unter der Erwartung, die US-Notenbank werde die Zinsen zur Inflationsbekämpfung schnel­ler und weiter anheben.

Die von großen US-Technologiekonzernen gepräg­ten Leitindizes der Nasdaq, der Nasdaq Composite und der Nasdaq-100-Index, beendeten das zweite Quartal mit einem Verlust von 22,4 bzw. 22,5 Pro­zent. Die für den gesamten US-Aktienmarkt reprä­sentativeren Indizes Dow Jones Industrial Average und S&P-500 verloren im zweiten Quartal 11,3 bzw. 16,4 Prozent. Seit dem kurz nach dem Jahreswech­sel markierten Rekordstand bei 4.818,6 Punkten hat der S&P-500-Index über 20 Prozent verloren und befindet sich damit in einem Bärenmarkt. Im ersten Halbjahr 2022 sind die Kursgewinne des gesamten Jahres 2021 wieder verloren gegangen.

Der Rückzug der Investoren traf kleinere Aktien stär­ker als die Aktien der großen multinationalen Kon­zerne. So verlor der Russell-2000-Nebenwerteindex im zweiten Quartal 17,5 Prozent. Der Vertrauensver­lust war bei Aktien der Internet-Branche besonders hoch. Im zweiten Quartal ging etwa der Nasdaq In­ternet-Index um 29,1 Prozent zurück. Bei den schon 2021 in Ungnade gefallenen Biotech-Aktien verlang­samte sich der Abwärtstrend. Der Nasdaq Biotech-Index sank im zweiten Quartal nur noch um 10,0 Prozent – weniger als die meisten US-Aktienindizes.

Die europäischen Aktienmärkte litten stärker unter dem Kriegsausbruch. Im zweiten Quartal war jedoch die Abwärtsdynamik diesseits des Atlantiks etwas geringer als an der Wallstreet. Der STOXX-50-Index verlor nur 7,0 Prozent. In ihm sind britische Aktien recht hoch gewichtet. Diese hatten sich aufgrund des höheren Anteils von Rohstoff- und Ölkonzernen schon im ersten Quartal besser entwickelt. So musste der britische Leitindex FTSE-100 im zweiten Quartal nur 4,6 Prozent abgeben. Der Leitindex für die Euro-Zone, der Euro-STOXX-50, verlor dagegen ohne die britischen Aktien 11,5 Prozent auf einen Stand von 3.454,9 Zählern. Ähnlich schnitten die Leitindizes in Deutschland und Frankreich ab. Der DAX erlitt im zweiten Quartal ein Minus von 11,3 Prozent auf 12.783,8 Punkte und der CAC-40 von 11,1 Prozent auf 5.922,9 Zähler.

Auch in Europa standen Nebenwerte stärker unter Druck. Die deutschen Nebenwerte-Indizes MDAX und SDAX verloren beispielsweise 16,7 bzw. 16,6 Prozent. Der globale MSCI Small Caps Index für kleinere Aktien verzeichnete mit einem Minus von 17,6 Prozent einen etwas höheren Verlust als der vergleichbare MSCI Weltaktienindex (minus 16,6 Prozent), der eher von den Aktienkursen der großen Konzerne geprägt wird.

Noch differenzierter, insgesamt aber etwas besser, blieb die Entwicklung an den Aktienmärkten in Asi­en. Die japanischen Leitindizes Nikkei-225 und To­pix hielten sich mit Quartalsverlusten von 5,1 bzw. 3,9 Prozent im internationalen Vergleich weiter recht gut. Allerdings kommen auf der Währungsseite Ver­luste dazu. An den chinesischen Aktienmärkten drehte der Trend nach den höheren Verlusten in den Quartalen zuvor ins Plus. Der Hang Seng China En­terprise Index (HSCE) verzeichnet für das zweite Quartal einen Anstieg um 2,1 Prozent, der MSCI China von 2,2 Prozent und der Shanghai B-Index sogar von 9,7 Prozent.

Hintergrund sind die besseren Aussichten für die chinesische Wirtschaft, nachdem die drastischen Lockdown-Maßnahmen im Kampf gegen Corona gelockert werden konnten und mit geldpolitischer Unterstützung für die Konjunktur zu rechnen ist.

Überproportionale Kursverluste verzeichneten dagegen die Aktienbörsen von Taiwan und Südkorea. Der Taiwan Weighted Index (TWI) verlor 16,2 Prozent, der KOSPI der Börse Seoul 15,4 Prozent. In beiden Fällen lag dies nicht zuletzt an den Kursverlusten der großen Chiphersteller. Die Aktenkurse von Taiwan Semiconductor Manufacturing (TSMC) und Samsung Electronics litten unter der Erwartung, der Chip-Boom stehe vor seinem Ende.

Auch auf den Börsen Lateinamerikas lastet die Er-wartung einer deutlich schwächeren Weltkonjunktur, die in eine Rezession münden könnte. Obwohl sie noch sehr hohe Gewinne erzielen, gaben die Aktien-kurse der beiden größten brasilianischen Konzerne stark nach. Der im zweiten Quartal um 29 Prozent gefallene Eisenerzpreis macht Vale, einem der größten Eisenerzproduzenten der Welt, zu schaffen. Auch die Kursverluste beim Ölkonzern Petrobras spiegeln bereits die Sorgen um die Konjunktur wider. Zudem muss auch die brasilianische Notenbank im Kampf gegen die ausufernde Inflation die Zinsen deutlich erhöhen. Der Bovespa Index der Börse Sao Paulo verlor im zweiten Quartal 17,7 Prozent, der MSCI Lateinamerika sogar 24 Prozent.

Die Aktienkurse der Goldminenbetreiber litten stark darunter, dass der Goldpreis das Niveau nicht halten konnte. Der FT Goldmines Branchenindex verzeichnet im zweiten Quartal einen Rückgang um 27,2 Prozent.

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